[2017-10-13--1]

Die Kipping-Unterwerfung

Zu Katja Kippings Erklärung über Katalonien

Wenn sich Kämpfe gegen autoritäre Staaten, dikatorische oder kapitalistische Regime entwickeln, ist das in der Regel (nicht zwangsläufig) sehr positiv. Die zenrale Lehre, die Marx aus der Geschichte zog, heißt doch: "Die Geschichte, ist die Geschichte von Klassenkämpfen!" Er sprach nicht davon, das die Unterdrückten ihr Kreuz auf einen Stimmzettel malen, wie das mache "Linken" meinen, sondern das sie es niederwerfen!

Katja Kipping hat einen wirklich bemerksenswerten Beitrag, und das nicht auf ihrer eigenen Homepage, sondern bei Die Linke unter Nachrichten veröffentlicht, der in vielerlei Hinsicht äußersts bemerkenswert ist und der definitiv nicht ohne Widerspruch bleiben darf. Der Beitrag ziert sich mit dem Titel: Katalonien: Die Demokratie in Europa ist in Gefahr

Nun, momentan dreht sich zurecht vieles um Katalonien, aber es erstaunt außerordentlich, das offensichtlich hier sehr spät bemerkt wird, das "die Demokratie" in Gefahr ist.


(Direkter link oder [1])

(Zitate grau hinterlegt)

Während die EU-vertreter nicht müde werden zu behaupten, es gehe in Katalonien nur um eine inner-spanische Auseinandersetzung, interessiert das Katja Kipping nur insoweit, das sie ausschließlich auf die Rettung dieser EU als Ganzes setzt. Ihre sozialkristische Worte zu Griechenland können das nicht überdecken:

Wir können das Europa der Zukunft und einen dazugehörigen, konstituierenden Prozess definieren, der den neuen Herausforderungen und Risiken adäquat begegnet.

Nach Katja Kipping leben wir anscheinend in Alices Wunderland. Da kann sich wirklich jeder was zusammenschreiben, denn Erfindungen sind da leicht - aber auch diese reicht nicht einmal zum Gedicht, geschweige denn zum Märchenbuch!

Eine politische Initiative der Europäischen Union könnte jetzt zusammen mit anderen neutralen Verhandlungsführern eine positive Vermittlerrolle spielen.

Weihrauch über die Institutionen ausschwenkend, ruft sie Europäer auf, ihren Henkern zu vertrauen, statt als Linke zu wissen, wessen Interessen im Hintergrund wirken. Statt Proteste zu organiseren oder zu unterstützen, errichtet sie eine Grenze durch Verbreitung des Dogmas:

Angesichts der zunehmenden Gewalt des ökonomischen Globalisierungsprozesses, des katastrophalen Ausmaßes der ökologischen Krise, des exponentiellen Wachstums sozialer Ungleichheit, hat die klassische Nationalstaaten-Politik schon seit mindestens zwei Jahrzehnten ihre Unzulänglichkeit unter Beweis gestellt. Sie ist nicht mehr in der Lage, Antworten auf die neuen Herausforderungen unserer Zeit zu liefern.

indem sie diffamierend der Absicht den Separationsbestrebungen reaktionären Nationalismus unterstellt.
Sie unterwirft sich in wirklich widerlicher Weise dem Establishment:

Wir glauben daher, dass es in der katalanischen Krise falsch wäre, zwischen einer autoritären Verteidigung des zentralisierten, spanischen Staates und der unilateralen Proklamation der Unabhängigkeit eines katalonischen Staates entscheiden zu müssen. Gleichzeitig glauben wir aber, dass die katalonische Bevölkerung in der Lage sein sollte, über ihr Schicksal auf demokratische Weise – und unter Berücksichtigung einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dort – zu entscheiden.

Wie, bitteschön, könnte eine bi-oder-was-laterale Antwort aussehen, wenn die Unterdrücker ihre profitable Unterdrückung fortsetzen wollen? Wie bitte kann man vergessen, das die Unterdrückung von einem kapitalistischen Staat ausgeht, der selbst deshalb natürlich überhaupt kein (moralisches) Recht besitzt! Recht und der Rechtsstaat sind lediglich die Waffen einer Minderheit zum Schutz ihres Ausbeutereigentums.

Dann sich Einzelpersonen wie Manuela Carmena berufen, ohne auf den dekadenten Charakter der PSOE und ihrer Komplizenschaft mit der PP hinzuweisen, ist nur ein neuer Versuch für ein rosa-pseudo-linkes Bündnis, diesmal gleich europaweit. So läßt sich schön verheimlichen, das es gerade (jetzt!) die Parlamentarier der PSC (katalanische Sektion der PSOE) waren, die durch Gerichtsbeschluß die Parlamentssitzung in Katalonien verbieten ließ, auf der über Unabhängigkeit Kataloniens entschieden werden könnte. Auch die Rolle der kommunistischen Partei bleibt ohne Frage, obwohl diese zusammen mit der PSOE den sozialistischen Weg bereits seit 1978 verlasen hat (Dennoch eine aktuelle Stellungname unter [2]).

Das ist Greenwashing für die politischen Strippenzieher in der EU. Hier werden die Interessen der EU und ihrer Hegemonialmacht verheimlicht. Darüberhinaus sollte man auch über die Verbreitung nationalistischer Asussagen nachdenken, die oft verbreitet werden, wie "Die Kinderarmut in Deutschland ist Standortnachteil" (O-Ton Dietmar Bartsch) und die ausschließlich deutschem Kapital von Nutzen sind.

Hier werden die deutschen Interessen aufs perverseste versteckt, die sich der angeblich "friedlichen EU" als ideologischer Hülle bedienen. Wer wie Deutschland, Armut und Arbeitslosigkeit in Europa hervorruft und das auch durch gut und heimlich geknüpfte Wirtschaftsbeziehungen zu den reicheren europäischen Ländern (Flandern, Katalanien) und behauptet, er hätte damit nichts zu tun (so Sprach Seibert an Merkels statt), ist nicht mehr wirklich ein Lügner, der ist ein Verbrecher (Brecht)! Wiedereinmal zeigt sich auf der Seite von Die Linke, das sie den Charakter der Agenda2010 als die modernen Kriegskredite und der Rolle Deutschlands verschweigen wollen!

In ihrem, möglicherweise doch "guten Glauben" wirft sie nun eine weitere Nebelkerze der EU-Oberen, die Saragossa-Deklaration (1) in die Runde.

Aber wir brauchen keine europäische Integrations-Ordnung, denn "Integration" bedeutet bereits, "in die bestehende Ordnung einfügen". Diese Form der Gewalt lehnen wir zutiefst ab und werden für soziale und demokratische Verhältnisse in Europa kämpfen, in der die in der Saragossa-Deklaration festgeschriebene Entmündigung der Bürger definitiv nicht enthalten sein kann. Die Saragossa-Deklaration ist ein Instrument zur Ausweitung undemokratischer Strukturen und Machtapparate, es ist eine rein administrative Ordnungsvorstellung, für die der Mensch als Entscheidungsträger bereits vollständig entsorgt und dafür der "Administrator" eingesetzt wurde. Nirgendwo stehen dieser Ausweitung der EU-Strukturen demokratische Rechte oder Partizipationsmöglichkeiten gegenüber. Selbst ein europäische Sozialcharta kommt nicht zustande, weil die Regierungen Deutschlands es seit langer Zeit nicht einmal zustande gebracht haben die lange beschlossene Charta zu unterschreiben. Der Hegemon behält sich sein Recht an asozialer und menschenverachtender Politik vor.

Demgegenüber werden in der Praxis europäische Spezialeinheiten "integriert", die flächendeckende Überwachung ausgebaut und die Sozialordnungen weiter zerschlagen, insbesondere auf betreiben der Hegemonialmacht. Genau diese EU - besser EUrape genannt, will die große Mehrheit in Europa schon lange nicht mehr.

Wer Klassenkämpfe durch blaue Flaggen mit gelben Hoffnungsschimmern ersetzen will, macht Propaganda für die Obrigkeit! So sollen die Klassenkämpfe aus dem Fokus gerückt und entsorgt werden, so entwickelt Katja Kipping Die Linke nun offensichtlich zu den "letzten Bastion der bürgerlichen Herrschaft" (Antonio Gramsci).

Die spanische Regierung, die totalitäre Gesetze gegen die Bevölkerung erlassen hat und der im Inland die Wandlung zu Francismus vorgeworfen wird, kommt in ihren Statements praktisch nicht vor.

Wer Menschen, die durch Gewalt kapitalistischer Staaten und Apparate bedroht werden - immerhin kommen hier Morddrohungen [3] und die Drohung des Armeeeinsatzes, keine Solidarität entgegenbringt, und den kapitalistischen Gewaltapparat relativiert und diesen ausschließlich als Symptom sieht:

Aber die jüngsten Entwicklungen der katalanischen Krise sind trotz der historischen Besonderheiten dieses Konflikts nur das Symptom einer tieferen Regression Europas

ist definitiv nicht links! Wenn sie auch sagt:

Hier wurde ein starkes Bedürfnis nach Demokratie und Selbstbestimmung deutlich

hat sie dennoch nicht ein Wort der Solidaritat dafür übrig! Mit ihrer Schuldzuweisung an die >unilateralen< Proklamatoren stellt sie sich eher an die Seite Rajoys und der EU.

Es gibt in Klassensystemen keinen dritten Weg!

Linke dagegen wollen kein Konzept für Menschen, die durch den Begriff "Humankapital" entwürdigt und gedemütigt werden sollen. Wir wollen keine EU, in der eine "Saragossa-Deklaration" Partizipation der Zivilgesellschaft auf die Flüchtlingsfrage beschränkt und wir wollen weder diese noch andere europäischen Mauern!

Wer der Unterdrückung durch das Kapital nicht im Wege stehen will und die populistische Propaganda der Obrigkeit durch persönliches Erscheinen an der russischen Botschaft unterstützt, ist wohl eher dabei seine linken Inhalte zu beseitigen.

Katalonien und die
"Nationale Frage"

ist eine seprate Darstellung wert und notwendig. Das ist nicht Gegenstand dieses Beitrages.

So war diese Erklärung in meinen Augen wohl der katastrophalste Beitrag neben ihrem Vortrag auf dem Parteitag, der entsetzlicherweise tatsächlich geschichtsrevisionistisch war.

Was richtig war, bleibt richtig!

Hasta la viczoria, siempre!

Querverweise

(1) Saragossa-Deklaration

Eine Nebelkerze der EU (siehe auch [4])

Artikel zum Katalonien-Konflikt

 HinweisQuelle/link
[1] Der Beitrag von Katja Kipping, Die Linke, 05.10.2017 Katalonien: Die Demokratie in Europa ist in Gefahr
[2] PSC, für Unabhängigkeit PCPE zu den Ereignissen in Katalonien
[3] Morddrohungen, PP-Sprecher, 09.10.2017
"Let's hope that nothing is declared tomorrow because perhaps the person who makes the declaration will end up like the person who made the declaration 83 years ago"
Lluís Companys i Jover war ein katalanischer Rechtsanwalt, Politiker, Führer der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC, Republikanische Linke Kataloniens) und katalanischer Regierungspräsident. Er wurde durch ein franquistisches Schnellgericht zum Tode verurteilt und sofort hingerichtet.
(Wikipedia)
Help Catalonia
[4] Saragossa-Deklaration: Eine Herrschaftserklärung der EU Obrigkeit Saragossa-Deklaration
  Raul Zelik (hier auch weitere, execellente Beiträge zur Katalonien-Frage) 13 FAQs zu Katalonien, Republik und Unabhängigkeit (Blog 9.10.2017)
  Telepolis Katalonien: Sofortige Unabhängigkeit nach Referendum

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